Mit Buffett (ein bisschen) reich werden
Warren Buffett ist mehr als ein erfolgreicher Investor – er ist eine Marke. Der 94-jährige „Orakel von Omaha“ hat es geschafft, mit klarem Verstand, eiserner Disziplin und einem ausgeprägten Gespür für unternehmerische Qualität über Jahrzehnte hinweg Milliarden zu verdienen – für sich selbst und für Millionen Anleger, die seinem Beispiel folgten. Doch weil sein Ansatz so bestechend logisch erscheint, verführt er zur Imitation. Und darin liegt auch eine Gefahr: Wenn zu viele Anleger denselben Strategien folgen, können Märkte aus dem Gleichgewicht geraten.
Was Buffett so erfolgreich machte – und was Privatanleger davon lernen können
Buffetts Grundprinzipien klingen simpel: Investiere nur in Unternehmen, deren Geschäftsmodell du verstehst, deren Zukunftsaussichten du für solide hältst und deren Aktienpreis unter dem inneren Wert liegt. Investiere langfristig. Und verkaufe nur selten. Dieses Prinzip hat er über Jahrzehnte durchgehalten und es mit Beteiligungen an Unternehmen wie Apple, Coca Cola, Kraft Heinz oder American Express zu Weltruhm gebracht. Ende 2024 machte Berkshire Hathaways Aktienportfolio rund 270 Milliarden US-Dollar aus – davon entfielen 90 % auf nur zehn Titel.
Das ist nicht etwa Zufall, sondern Teil einer Strategie: konzentriert investieren, nicht breit streuen. Für Buffett funktioniert das, weil er – unterstützt von einem erstklassigen Analystenteam – Unternehmen tiefgehend analysieren kann. Für Privatanleger ist diese Art der Konzentration ohne entsprechendes Wissen jedoch riskant. Trotzdem kann es sinnvoll sein, das Portfolio als Orientierung zu nutzen – entweder über die Berkshire-Aktie selbst oder durch die bewusste Auswahl ähnlicher Qualitätsunternehmen.
Der Buffett-Effekt – Wenn zu viele dasselbe tun
Gerade dieser Nachahmungseffekt birgt allerdings eine systemische Problematik. Je mehr Anleger ein öffentlich bekanntes Vorbildportfolio wie das von Buffett direkt oder indirekt kopieren, desto stärker steigt die Nachfrage nach den betroffenen Aktien – unabhängig davon, ob sie tatsächlich noch günstig bewertet sind. Die Folge: verzerrte Preise, überhöhte Erwartungen, potenzielle Enttäuschungen. Apple ist ein klassisches Beispiel: Nicht nur, weil es ein gutes Unternehmen ist, sondern auch, weil Buffett investiert ist, greifen viele Anleger reflexhaft zu.
Solche Herdeneffekte unterminieren langfristig sogar die ursprüngliche Investmentlogik. Denn wenn eine Aktie nicht mehr aufgrund ihrer fundamentalen Stärke gekauft wird, sondern weil sie Buffett gehört, dann verliert der Markt einen Teil seiner rationalen Steuerungsfunktion. Ironischerweise führt der große Erfolg eines rationalen Investors also dazu, dass andere irrational handeln – ein klassisches Beispiel für reflexive Übersteuerung, wie sie auch George Soros in seiner „Theorie der Reflexivität“ beschrieben hat.
Gemeinsam profitieren – aber nicht bedingungslos
Nichtsdestotrotz: Wer frühzeitig investiert, ruhig bleibt und sich an bewährten Unternehmen orientiert, profitiert in vielen Fällen mit. Berkshire Hathaway hat über Jahrzehnte hinweg eine durchschnittliche jährliche Rendite von über 20 % erzielt. Selbst wer davon nur einen Teil mitnimmt, kann sein Vermögen solide entwickeln. In diesem Sinne gilt: Wenn einer wie Buffett klug investiert, kann ein breites Anlegerpublikum zumindest ein Stück weit mitverdienen – sei es durch Aktiengewinne, stabile Dividenden oder die allgemeine Kursentwicklung der Unternehmen, in die er investiert.
Die beste Lehre: Qualität, Ruhe, Langfristigkeit
Am Ende ist es nicht das konkrete Portfolio, sondern die Haltung, die Anlegern am meisten bringt. Wer investiert, um „schnell reich“ zu werden, läuft in der Regel ins offene Messer. Wer jedoch geduldig ist, auf verständliche Geschäftsmodelle setzt und sich nicht von jedem Börsenschwank aus der Ruhe bringen lässt, hat eine realistische Chance, ein robustes Vermögen aufzubauen. Die Lehre aus Buffett ist nicht: „Kaufe, was er kauft“. Sondern: „Verstehe, was du kaufst, und bleib dabei.“
Verhaltensökonomisch betrachtet liegt hier auch der größte Unterschied: Buffett investiert gegen den Herdentrieb – viele seiner Anhänger jedoch folgen genau diesem.
Fazit: Vorbilder sind Orientierung, keine Bedienungsanleitung
Warren Buffett hinterlässt ein beeindruckendes Vermächtnis. Doch wer ihm folgt, sollte nicht nur seine Käufe imitieren, sondern seine Prinzipien verstehen. Vorbildportfolios sind wertvolle Kompasse, vor allem für Privatanleger, die sich nicht täglich mit Bilanzen und Strategieberichten beschäftigen. Aber wie bei jedem Kompass gilt: Er zeigt die Richtung – gehen muss man selbst. Und wer im Gleichschritt mit der Masse marschiert, verliert leicht den Überblick.
Besser als blindes Kopieren ist kluges Ableiten. Denn wenn alle dieselbe Straße nehmen, wird sie eng – und irgendwann auch teuer.
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