Milliardenverluste der Bundesbank: was geht das uns an?
Die Deutsche Bundesbank verzeichnet im Jahr 2024 einen Verlust von 19,2 Milliarden Euro. Damit schreibt die Notenbank das zweite Jahr in Folge tiefrote Zahlen, nachdem bereits 2023 ein Rekordverlust von 21,6 Milliarden Euro bilanziert wurde. Diese Entwicklung hat nicht nur Auswirkungen auf die Zentralbank selbst, sondern auch auf den Bundeshaushalt, der über Jahre hinweg von regelmäßigen Ausschüttungen der Bundesbank profitierte – im Schnitt rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, im Jahr 2019 sogar 5,9 Milliarden Euro – und damit wird es auch sehr politisch.
Warum macht die Bundesbank Verluste?
Die aktuellen Verluste der Bundesbank sind das Ergebnis geldpolitischer Entscheidungen aus der Vergangenheit, insbesondere der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) unter Mario Draghi und der stark gestiegenen Leitzinsen seit 2022.
- Folgen der Anleihekaufprogramme:
- Seit 2015 kaufte die Bundesbank im Rahmen des EZB-Programms große Mengen deutscher Staatsanleihen von Geschäftsbanken.
- Die Banken erhielten den Kaufpreis als Guthaben auf ihren Girokonten bei der Notenbank gutgeschrieben.
- Solange die Zinsen niedrig waren, war dies unproblematisch, da die Bundesbank für die gehaltenen Anleihen noch moderate Erträge generierte.
- Zinsanstieg und steigende Kosten:
- Seit Mitte 2022 erhöhte die EZB die Leitzinsen von 0 % auf bis zu 4 %, um die Inflation zu bekämpfen.
- Die Banken erhalten auf ihre Guthaben bei der Bundesbank nun hohe Zinsen – diese Zahlungen übersteigen jedoch die Erträge aus den zuvor erworbenen Anleihen.
- Dadurch geriet die Bilanz der Bundesbank ins Negative: Sie muss hohe Zinsen an Banken zahlen, ohne selbst entsprechend hohe Einnahmen zu erzielen. Interessanterweise profitieren Banken dabei doppelt: Sie erhalten hohe Zinsen auf ihre Einlagen bei der Notenbank, während sie ihren eigenen Kunden oft deutlich niedrigere Tagesgeldzinsen zahlen, was ihre Margen steigert.
- Fehlende Rücklagen zur Verlustdeckung:
- 2023 konnten die Verluste noch durch die Auflösung von Reserven ausgeglichen werden.
- 2024 sind diese Puffer aufgebraucht, weshalb der Verlust nun direkt ausgewiesen werden muss.
- Auch in den kommenden Jahren wird die Bundesbank wohl weitere Verluste schreiben, wenn auch in geringerem Umfang.
Bundeshaushalt verliert wichtige Einnahmequelle
Über Jahrzehnte hinweg erzielte die Bundesbank regelmäßig Überschüsse, die sie an den Bundeshaushalt abführte, wo sie häufig zur Deckung von Haushaltslücken oder zur Finanzierung von Investitionen in Infrastruktur und soziale Programme genutzt wurden. Diese Einnahmen lagen im Schnitt bei 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, 2019 waren es sogar 5,9 Milliarden Euro. Seit 2020 gibt es jedoch keine Ausschüttungen mehr, und auch in den kommenden Jahren wird es wohl keine geben.
Dies trifft den Bundeshaushalt in einer Zeit, in der dringend Mittel für den Haushalt und für Investitionen benötigt werden – sei es für Verteidigung, Infrastruktur oder die wirtschaftliche Transformation. Der Wegfall der Bundesbank-Gewinne verschärft die Debatte um eine Reform der Schuldenbremse und neue Finanzierungsquellen.
Wie geht es weiter?
Bundesbankpräsident Joachim Nagel betont, dass der Höhepunkt der Belastungen wohl überschritten sei. Dennoch wird es Jahre dauern, bis die Verluste wieder ausgeglichen sind. Selbst wenn die Notenbank künftig wieder Gewinne erzielt, werden diese zunächst zur Deckung der angesammelten Verluste verwendet.
Die Lage der Bundesbank ist damit ein Beispiel dafür, wie frühere geldpolitische Entscheidungen mit Verzögerung erhebliche Auswirkungen entfalten können – ähnlich wie in den 1970er Jahren, als eine Neuberechnung der Dollarreserven ebenfalls zu erheblichen Verlusten führte. – sowohl für die Zentralbank als auch für die öffentliche Haushaltsführung. Solange sich die Zinsdifferenz zwischen Anleiheerträgen und Guthabenzinsen nicht deutlich verbessert, bleibt die Bundesbank in einer angespannten finanziellen Lage – und der Bundeshaushalt muss weiterhin auf eine der einst verlässlichen Einnahmequellen verzichten.
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