Deutschland ist ein Land der Sparer. Die Bruttosparquote liegt bei 20 Prozent – ein Spitzenwert. Doch während das Geld auf Bankkonten oder in ausländischen Märkten landet, mangelt es an Investitionen im eigenen Land. Der Ökonom Ludovic Subran, Chief Investment Officer der Allianz, sieht darin ein großes Problem (Interview in der SZ am 19-02-25).

Subran kritisiert vor allem die Schuldenbremse, die Deutschland daran hindert, dringend notwendige Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Klima und Gesundheit zu tätigen. Ohne fiskalische Impulse bleibt das Land im wirtschaftlichen „Leerlauf“. Das Resultat: eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit, mangelndes Wachstum und ein Vertrauensproblem in die Zukunft.

Deutsche investieren lieber in den S&P 500 als in ihr eigenes Land

Laut Subran ist das Anlageverhalten deutscher Sparer ein Ausdruck dieses Vertrauensverlusts. Statt Kapital in die heimische Wirtschaft zu stecken, fließt es in ausländische Märkte, vor allem in die USA. Deutsche Haushalte sind nach den Amerikanern die größten Halter von US-Assets. Während dies individuelle Portfolios stabilisieren mag, hilft es der deutschen Wirtschaft wenig.

Subran zieht einen drastischen Vergleich: Deutschland entwickle sich in dieser Hinsicht zu einem „zweiten Argentinien“ – ein Land mit wohlhabenden Bürgern, die aber kaum in die eigene Zukunft investieren. So finanzierten deutsche Sparer faktisch den Ruhestand der Amerikaner, während sie sich über stagnierende Löhne und fehlende wirtschaftliche Perspektiven beschweren.

Fehlende Anreize für Inlandsinvestitionen

Um dieses Verhalten zu ändern, braucht es attraktive Alternativen. Subran schlägt vor, verstärkt steuerbegünstigte Investments in grüne Technologien, Infrastrukturprojekte oder Mitarbeiterbeteiligungen zu fördern. In Frankreich beispielsweise können Arbeitnehmer steuerfrei Anteile an ihrem Unternehmen erwerben – ein Modell, das auch in Deutschland positive Impulse setzen könnte.

Ein weiteres Instrument wäre ein staatlicher Investitionsfonds, der langfristig Kapital für zentrale Zukunftsprojekte bündelt. Statt kurzfristiger Sparzwänge könnte Deutschland mit einem solchen Fonds gezielt Wachstum und Innovation fördern.

Deutschland muss wieder wachsen wollen

Neben gezielten Investitionsanreizen braucht Deutschland auch strukturelle Reformen. Ein wesentlicher Punkt ist laut Subran die Produktivität. Die USA haben es vorgemacht: Höhere Produktivität ist der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum. Deutschland hingegen kämpft mit steigenden Arbeitsausfällen und einer überbordenden Bürokratie. Das bremst nicht nur Unternehmen, sondern senkt auch die Motivation der Arbeitnehmer.

Subran appelliert an eine neue wirtschaftspolitische Ausrichtung: Mehr Mut zu Reformen, ein Ende der strikten Schuldenbremse und ein klares Bekenntnis zu Investitionen in die eigene Zukunft. Nur so könne Deutschland seine Rolle als führende Wirtschaftsnation in Europa behaupten.

Krypto als alternative Investition? Ein Gegensatz zu Subrans Ansicht

Während Subran Krypto-Investments skeptisch sieht und sie als Mittel zur Umgehung institutioneller Strukturen kritisiert, könnte genau hier eine Lösung liegen: Tokenisierte Investitionen in deutsche Infrastruktur- oder Klimaprojekte könnten eine innovative Möglichkeit sein, das gesparte Kapital produktiv einzusetzen.

Durch Blockchain-Technologie könnten Anleger gezielt in digitale Wertpapiere investieren, die erneuerbare Energien, den Mittelstand oder Start-ups in Deutschland finanzieren. Statt Kapital ins Ausland abzuziehen, könnte Deutschland eigene digitale Anlageformen entwickeln, die eine höhere Rendite bieten und gleichzeitig die heimische Wirtschaft stärken.

Fazit: Die hohe Sparquote ist kein Zeichen von wirtschaftlicher Stärke, sondern ein Symptom fehlenden Vertrauens in die eigene Zukunft. Deutschland braucht gezielte Anreize, um Kapital in das eigene Land zu lenken, anstatt es weiterhin ins Ausland abfließen zu lassen. Und vielleicht sollte es auch offen für neue Technologien sein, um genau das zu erreichen.