Was der neue Reformbericht wirklich zeigt – und warum Deutschland weiter im Digitalstau steckt

Die Bundesregierung wollte mit der Digitalstrategie 2025 einen Neuanfang wagen: Glasfaser, digitale Verwaltung, technologische Souveränität – all das sollte zur Grundausstattung eines modernen Staates gehören. Heute, wenige Monate vor der Ziellinie, steht fest: Viele der großen Versprechen wurden nicht eingelöst. Der am 14. Juli 2025 vorgelegte Abschlussbericht der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ bestätigt das – wenn auch verklausuliert.

Statt echter Bilanz zieht sich der Bericht auf Appelle zurück. Er benennt die bekannten Schwächen, bleibt aber bei den Lösungen vage. Damit wird einmal mehr sichtbar: Die Probleme der deutschen Digitalpolitik sind strukturell – und sie sind politisch gewollt oder zumindest politisch geduldet.


1. Fortschritt auf dem Papier – Rückstand in der Realität

Trotz milliardenschwerer Förderprogramme und zahlreicher Strategiepapiere zeigt sich in zentralen Bereichen ein ernüchterndes Bild:

  • Glasfaserausbau: Ziel waren 50 % der Haushalte bis 2025 – erreicht wurden knapp 32 %.
  • 5G: Formal verfügbar, aber in vielen Regionen zu instabil für moderne Industrie- oder Mobilitätsanwendungen.
  • Digitale Verwaltung: Von den 575 OZG-Diensten sind weniger als die Hälfte vollständig nutzbar – häufig nur formal, nicht funktional.
  • Digitale Identität (eID): Technisch verfügbar, praktisch ungenutzt – zu kompliziert, zu fehleranfällig.
  • Digitale Bildung: Lehrkräfte bleiben oft auf sich allein gestellt, Fortbildungen sind freiwillig und selten strukturiert eingebunden.

Fazit: Vieles wurde begonnen, wenig wurde umgesetzt. Digitalisierung ist in Deutschland zu oft ein Aushängeschild – nicht gelebte Praxis.


2. Der Reformbericht 2025: Einsicht ohne Eingriff

Der neue Bericht, vorgestellt im Schloss Bellevue, enthält viele richtige Beobachtungen:

  • Zuständigkeiten sind zersplittert.
  • Umsetzung verläuft zu langsam.
  • Standards fehlen oder sind unverbindlich.
  • Bürger und Unternehmen verlieren Vertrauen.

Er schlägt vor, das BMDS (Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung) zur zentralen Koordinierungsstelle zu machen. Doch ohne klare Kompetenzen, eigenes Budget und rechtlichen Durchgriff bleibt es ein Papiertiger.

Der Bericht analysiert Symptome – aber vermeidet die Systemfrage: Wie viel Zentralisierung verträgt ein föderaler Staat, wenn Digitalisierung funktionieren soll?


3. Drei Gründe für den dauerhaften Digitalstau

🧱 Symbolpolitik statt Strukturwandel

Die Politik inszeniert sich gern digital – mit Pilotprojekten, Leuchttürmen und Rankings. Doch in der Fläche spüren Bürger wenig. Wer heute einen Bauantrag stellt, eine Geburtsurkunde beantragt oder ein Unternehmen anmeldet, erlebt oft ein digital lackiertes Behördenwesen – dahinter Papierakten, Faxgeräte und Wartefristen.

„Digitalisierung wird nicht an Strategiepapiere gemessen, sondern daran, ob sie den Alltag erleichtert.“

🤝 Politische Kurzfristlogik

Jede Legislatur bringt neue Digitalbeauftragte, Programme, Prioritäten. Was fehlt, ist Verbindlichkeit über Regierungszyklen hinweg. Digitalisierung braucht Dauerlauf, keine Sprintprojekte mit PR-Termin.

„Eine Digitalstrategie, die mit der Koalition endet, ist keine – sie ist ein Versprechen auf Abruf.“

🛡 Verdrängung durch Fortschrittsrhetorik

Wer auf Probleme hinweist, gilt schnell als Bremser. Kritik wird diskreditiert, Unsicherheiten nicht thematisiert. Dabei wäre gerade hier Transparenz nötig: Digitalisierung ist komplex, teuer, widersprüchlich – aber eben notwendig.

„Es fehlt nicht an Technik, sondern an der Bereitschaft, über ihre Zumutungen ehrlich zu sprechen.“


4. Was fehlt: Mut zur Neuordnung

Ein funktionierender digitaler Staat braucht keine weiteren Berichte, sondern institutionelle Klarheit und politische Konsequenz. Dazu gehören:

  • Verbindliche Bundesstandards für Verwaltungs-IT
  • Zentralisierung ausgewählter digitaler Kernkompetenzen (z. B. Register, eID, Dateninfrastruktur)
  • Entmachtung paralleler Gremien, klare Budgetverantwortung
  • Entkopplung digitaler Langfristziele von Koalitionslogik

Solange jedes Ressort sein eigenes Projekt fährt, jede Kommune eigene IT ausschreibt, und die Länder ihre Souveränität als Rückzugsgefecht begreifen, bleibt Digitalisierung in Deutschland Stückwerk.


5. Fazit: Strategie ersetzt keine Staatsmodernisierung

Die Digitalstrategie 2025 zeigt ein ambitioniertes Bild – doch sie bleibt ein Fortschrittsversprechen ohne Strukturreform. Der neue Reformbericht 2025 signalisiert Einsicht, aber keinen Bruch mit den eigentlichen Ursachen. Was fehlt, ist die Bereitschaft, das politische System an die digitale Realität anzupassen.

Ohne Umgestaltung von Zuständigkeiten, ohne Durchgriff bei Standards, ohne Reduktion der föderalen Komplexität bleibt der digitale Fortschritt ein Schaufensterprodukt – schön beleuchtet, aber leer.


Denn wer Digitalisierung ernst meint, muss bereit sein, Verwaltung, Zuständigkeiten und Macht neu zu verteilen. Ohne das wird Deutschland auch 2030 noch Strategien schreiben – statt sie umzusetzen.

Mit Hilfe von ChatGPT erstellt!