Digitalisierung im Mittelstand durch Zusammenarbeit, Standards und Open Source
Ein Erfahrungsbericht von der TechRider-Veranstaltung in Hürth, Juli 2025
Die digitale Transformation im Mittelstand ist vielfach geprägt von Unsicherheiten: Welche Tools sind geeignet? Wie lassen sich Prozesse automatisieren? Wer hat überhaupt die Ressourcen für solche Projekte? Die Antwort der Initiative Next Level Mittelstand (NLM) lautet: Kooperation statt Einzelkämpfertum – mit offenen Standards, geprüften Lösungen und strukturierter Unterstützung.
🤝 Digitalisierung gemeinsam gestalten: Das Prinzip der Workstreams
NLM arbeitet in sogenannten Workstreams: Unternehmen unterschiedlicher Branchen, ergänzt durch IT-Partner, Start-ups und Forschungseinrichtungen, schließen sich in kleinen Arbeitsgruppen zusammen. Dort bearbeiten sie konkrete Digitalisierungsthemen – praxisorientiert und mit Fokus auf Umsetzbarkeit.
Beispiele:
- Wie lässt sich ESG-Reporting standardisieren, sodass Unternehmen ESG-Daten nicht manuell erfassen und berechnen müssen?
- Wie kann ein Digital Twin für Produktionsanlagen oder Ersatzteilverwaltung interoperabel aufgebaut werden?
- Wie nutzt man KI für Wissensmanagement, um technisches Know-how nicht nur in Köpfen, sondern als strukturierte, abrufbare Information verfügbar zu machen?
Das Ziel: „Kochrezepte“, also dokumentierte, anpassbare Lösungspakete mit Toolsets, Datenstrukturvorgaben und Best Practices – sofort übertragbar auf andere Unternehmen.
⚙️ Strukturierte Daten als Fundament: Warum das so wichtig ist
Eine zentrale Rolle in allen Workstreams spielt die Standardisierung von Datenmodellen, denn ohne strukturierte Daten ist keine Automatisierung, keine KI und keine effiziente Skalierung möglich.
Beispiele aus der Praxis:
- AAS (Asset Administration Shell): Ein standardisiertes Format, um digitale Zwillinge für Maschinen oder Produkte zu beschreiben. Wichtig z. B. für interoperable Supply-Chain-Lösungen.
- PCN (Product Carbon Footprint Numbers): Strukturierte Nachhaltigkeitsdaten, die übergreifend ausgewertet werden können.
- Stammdatenstrukturen für Ersatzteile, Fertigungslisten oder Compliance-Dokumentation.
Diese Datenstandards bilden die technische Grundlage, um darauf aufbauend automatisierte Prozesse, KI-gestützte Analysen oder Plattformintegration zu ermöglichen.
🔁 Tokenisierung & Wiederverwendung: Von der Lösung zur Plattform
Ein weiterer Fokuspunkt der Initiative ist die Vorbereitung datenbasierter Wertschöpfung – etwa durch sogenannte Tokenisierung:
- Dabei wird ein bestimmtes Asset (z. B. ein Datensatz, ein Maschinenzwilling, ein ESG-Nachweis) in eine digitale Repräsentation überführt.
- Diese kann dann z. B. geteilt, verifiziert oder als Input für automatisierte Transaktionen genutzt werden – ein Prinzip, das auch für dein Konzept eines AI-basierten Investitionsmarktplatzes für KMU von zentraler Bedeutung ist.
Tokenisierung in Verbindung mit strukturierten Datenräumen schafft neue, interoperable Geschäftsmodelle – etwa für digitale Förderanträge, automatisierte Ratings oder dezentrale Finanzierung.
📊 Wie viel bringt das wirklich? Effizienzgewinne im Überblick
Die Initiative nennt auf Basis interner Projekte:
- bis zu 70 % kürzere Umsetzungszeiten durch Wiederverwendung bewährter Lösungsansätze
- bis zu 80 % geringere Implementierungskosten, insbesondere durch offene Tools, schlanke Infrastruktur und den Verzicht auf externe Beratungsprojekte
- signifikante Reduktion technischer Risiken, wenn statt Eigenentwicklungen etablierte Verfahren mit Community-Support genutzt werden
Diese Zahlen sind Orientierungsgrößen und gelten vor allem dort, wo Lösungen weitgehend übernommen oder minimal angepasst werden. Für viele KMU ist das ein realistischer und attraktiver Weg zur Digitalisierung.
🧩 Anschlussfähigkeit für forschungsbasierte KI-Modelle
Die Plattform bietet interessante Anschlussmöglichkeiten für Projekte:
- Nutzung von realen Datenstrukturen für das Training oder die semantische Indexierung in KI-gestützten Bewertungsmodellen
- Testumgebung für intelligente Agentenmodelle
- Plattform für Co-Creation mit KMU, IT-Partnern und Hochschulen
💡 Fazit: Wenn man Digitalisierung gemeinsam denkt, wird sie konkret
Die Präsentation von NLM hat eindrucksvoll gezeigt: Der Mittelstand ist bereit für Digitalisierung, wenn geeignete Strukturen, Standards und Netzwerke zur Verfügung stehen.
Next Level Mittelstand bietet nicht nur Austausch, sondern auch eine technisch relevante Basis für Weiterentwicklungen – sei es durch Wiederverwendung bewährter Lösungen, Nutzung gemeinsamer Datenräume oder Integration in KI-basierte Systeme.
Für Unternehmen, Entwickler und Forschungsprojekte mit dem Ziel, pragmatische, intelligente Digitalisierungslösungen zu gestalten, ist NLM ein ernstzunehmender Kooperationsrahmen.
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