Deutsche Wirtschaft 2025 – Zwischen Aufhellung und Unsicherheit
Die deutsche Wirtschaft zeigt im Frühjahr 2025 ein widersprüchliches Bild: Auf der einen Seite herrschen strukturelle Probleme und geopolitische Risiken, auf der anderen gibt es konkrete Anzeichen einer Erholung in Industrie und Export. Wie belastbar sind diese positiven Signale?
Industrieproduktion zieht an
Die Produktion in Industrie, Bau und Energie stieg im März 2025 im Vergleich zum Vormonat um 3,0 % [1]. Besonders auffällig: die Automobilindustrie (+8,1 %), die Pharmaindustrie (+19,6 %) und der Maschinenbau (+4,4 %). Auch die Chemiebranche konnte leicht um 1,5 % zulegen.
Ökonom Sebastian Dullien vom IMK sieht darin ein mögliches Ende des industriellen Abschwungs, allerdings auf niedrigem Niveau [2]. Er erwartet zudem, dass gestiegene Löhne und eine sinkende Sparquote den privaten Konsum wiederbeleben könnten.
Der DAX auf Rekordjagd
Trotz geopolitischer Unsicherheit erreichte der DAX am 9. Mai 2025 ein neues Allzeithoch von 23.499 Punkten [3]. Der Index profitiert von Konzernen mit starkem Auslandsgeschäft wie SAP, Siemens Energy oder Rheinmetall. Viele dieser Unternehmen sind nur noch teilweise vom deutschen Binnenmarkt abhängig.
Unternehmensergebnisse: Licht und Schatten
Rheinmetall steigerte im ersten Quartal 2025 den Umsatz um 46 % auf 2,3 Mrd. € und das operative Ergebnis um 49 % – getrieben vom globalen Rüstungsboom [4].
Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) erhielt einen Folgeauftrag über zwei weitere U-Boote für Singapur, was die Auftragsbücher auf ein Rekordniveau wachsen lässt [5].
Deutsche Bank erzielte im ersten Quartal 2025 einen Vorsteuergewinn von 2,8 Mrd. €, den höchsten Quartalsgewinn seit 14 Jahren – vor allem durch das florierende Handelsgeschäft [6].
Henkel hingegen erlitt in Nordamerika einen Umsatzrückgang um 6 %, was mit der dortigen Konsumzurückhaltung begründet wird [7]. Auch Lanxess klagt über geopolitische Unsicherheiten und einen Ergebnisrückgang [8].
Zollpolitik als Risiko
Viele Experten warnen, dass der positive Exporttrend durch sogenannte Vorzieheffekte getrieben wird: Kunden in den USA hätten in Erwartung steigender Zölle verstärkt Maschinen, Fahrzeuge und Medikamente importiert [9]. Dirk Jandura vom BGA spricht von einem „kurzfristigen Strohfeuer“ ohne langfristige Substanz.
Auch die aggressive Zollpolitik von US-Präsident Trump sorgt für Unruhe [10]. Zwar profitieren Investmentbanken kurzfristig durch Marktvolatilität, doch eine anhaltende Rezession infolge eines Handelskriegs könnte diesen Effekt schnell umkehren.
Fazit
Die deutsche Wirtschaft zeigt derzeit eine paradoxe Mischung aus Erholungstendenzen und strukturellen Unsicherheiten. Während Industrieproduktion und einige Großunternehmen zulegen, bleibt die Lage im Mittelstand angespannt. Viele positive Signale sind temporär und beruhen auf geopolitischen Sondereffekten. Eine nachhaltige Wende ist nur durch langfristige Investitionen, verlässliche Rahmenbedingungen und konstruktive internationale Wirtschaftspolitik möglich.
Quellen:
- Statistisches Bundesamt: Produktion März 2025 – destatis.de
- Süddeutsche Zeitung, 09.05.2025: „Deutsche Wirtschaft zeigt erste Erholungstendenzen“
- Handelsblatt, 09.05.2025: DAX auf Allzeithoch – handelsblatt.com
- Rheinmetall Q1-Bericht 2025 – rheinmetall.com
- Thyssenkrupp Marine Systems: Auftrag aus Singapur – thyssenkrupp-marinesystems.com
- Deutsche Bank Quartalszahlen – db.com
- Henkel Q1-Bericht 2025 – henkel.com
- Lanxess Quartalsbericht – lanxess.com
- Süddeutsche Zeitung, zitiert Dirk Jandura (BGA) – sueddeutsche.de
- The Guardian, 10.05.2025: Analyse zur Trump-Handelspolitik – theguardian.com
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