Deutsche Sparer: Die verpassten Chancen auf den Kapitalmärkten
In Deutschland belässt ein Großteil der Sparer sein Vermögen auf Girokonten und Tagesgeldkonten, die kaum Zinsen abwerfen. Trotz historisch niedriger Zinsen und zunehmender Inflation lassen sich die deutschen Anleger eine enorme Vermögenssteigerung entgehen, die bei einem strategischeren Einsatz von Kapital – etwa durch Investitionen in Aktien – möglich gewesen wäre. Diese Entwicklung illustriert eine aktuelle Modellrechnung der DZ Bank, die zeigt, wie stark sich das Vermögen der Haushalte hätte entwickeln können, wenn man verstärkt auf Aktien gesetzt hätte (Quelle: Handelsblatt Newsletter 28-10-24)
Laut der Berechnungen der DZ Bank waren im Jahr 2024 knapp 23 Prozent des deutschen Geldvermögens in Sichteinlagen und Bargeld geparkt. Das entspricht einem Wert von fast 2,2 Billionen Euro. Neben dieser Summe entfallen weitere signifikante Anteile des privaten Geldvermögens auf Versicherungen (knapp 27 %) und sonstige Bankeinlagen (gut 13 %), während Investmentfonds und Rentenpapiere eher zurückhaltend genutzt werden. Aktien, die ohnehin nur einen kleinen Teil – etwa 9 % – der privaten Geldanlagen ausmachen, wurden in den letzten Quartalen sogar tendenziell verkauft. Ein Muster, das man als verpasste Chance betrachten kann.
Die Studie der DZ Bank zeigt: Während das tatsächliche private Geldvermögen in diesem Zeitraum um rund 4,6 Billionen Euro auf etwa 9,2 Billionen Euro stieg, hätte die Anlage in Aktien das Gesamtvermögen auf etwa 9,9 Billionen Euro ansteigen lassen können – eine Differenz von 715 Milliarden Euro. Die Modellrechnung legt nahe, dass ein bewusster Umgang mit Kapital in Kombination mit langfristiger Aktienanlage signifikant zur Wohlstandsbildung beitragen könnte. Interessanterweise blieb diese Chance auf potenziellen Vermögenszuwachs trotz zeitweiser Krisen wie der Coronapandemie und dem Ukrainekrieg bestehen.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Allianz bestätigte dies: Obwohl das Geldvermögen der deutschen Haushalte 2023 nominell um 6,8 % zulegte, belief sich der inflationsbereinigte Zuwachs nur auf 0,7 %. Tatsächlich blieb die Kaufkraft des Vermögens Ende 2023 1,7 % unter dem Niveau vor der Pandemie, weshalb die Allianz von „vier verlorenen Jahren“ für deutsche Sparer spricht.
Trotz der überzeugenden Ergebnisse der Modellrechnung räumt die DZ Bank ein, dass diese Strategie nicht für jeden Haushalt sinnvoll ist. Gerade ältere Menschen oder Haushalte mit geringerem Einkommen könnten sich mit dem Gedanken schwertun, einen Großteil ihres Vermögens in Aktien zu investieren. Auch für Haushalte, die größere Anschaffungen planen, wäre eine solche Anlageform möglicherweise zu risikoreich. Hier ist es wichtig, die persönliche finanzielle Situation und Risikobereitschaft zu berücksichtigen.
Dennoch liegt es auf der Hand, wie Privatanleger eine solide Anlagestrategie aufbauen können: Möglichst frühzeitig mit dem Investieren beginnen, regelmäßig Beiträge leisten, durch Fonds diversifizieren und das Kapital langfristig in Aktien belassen. Dabei sollte nicht das gesamte Vermögen in Aktien fließen, sondern nur ein Teil des liquiden Überschusses, der nicht für kurzfristige Ausgaben benötigt wird. Bei jungen Leuten wäre dann noch ergänzend Krypto als Investitionsvehikel zu sehen, das auch einen Turbo für das Portfolio bedeuten kann.
Dieser Portfolioaufbau kann in Zukunft unterstützt werden durch gezielte Bildungs- und Aufklärungsarbeit (leicht verständliche Informationsvideos und Tutorien), die allerdings schon in den Schulen beginnen sollte. Helfen werden in Zukunft auch große Sprachassistenzen wie ChatGPT u.ä., die die Portfoliogestaltung positiv beeinflussen können.
Angesichts der demografischen Alterung und der absehbaren Herausforderungen in der Rentenentwicklung wird der eigenständige Vermögensaufbau für junge Menschen entscheidend, um ihre finanzielle Zukunft abzusichern. Dies ist nicht trivial und auch nicht etwas Besonderes, sondern etwas Notwendiges und quasi auch Alltägliches.
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